„Würdest du deine Tochter rächen?“ „Würdest du den Mord deiner Mutter rächen?“, mit solchen Fragen konfrontierten lauthals die drei Elektras die Zuschauer der Aufführung „Elektra“ der Theater-AG unserer Schule. Diese begann, indem eine Vorleserin den Hintergrund des anstehenden Rachedramas erzählte: Agamemnon, der Sieger von Troja, war nach der Rückkehr von seinem 10-jährigen Feldzugs von seiner Frau Klytämnestra brutal ermordet worden, hatte er doch die gemeinsame Tochter Iphigenie vor dem Aufbruch den Göttern geopfert, um sie wohlwollend zu stimmen. Klytämnestra ist nun Königin von Mykene, gemeinsam mit ihrem neuen Mann Ägisth. Doch ihre Tochter Elektra sinnt auf Rache, kann sie doch ihrer Mutter die Ermordung ihres Vaters nicht verzeihen. Gekleidet in Kinderkittel, die wie Totenhemden wirken, tobt Elektra, in der Inszenierung von Roland Eisele dreifach vorhanden, ihre Rachephantasie erst kindlich an ihren Plüschtieren aus, bevor sich ihre Wut gegen ihre Mutter richtet, da nur die Hoffnung auf Rache sie am Leben halte. Der göttliche Fluch, der auf der Familie liegen soll, erweist sich schnell als menschliche Unfähigkeit, den eigenen seelischen Zwängen zu entkommen. Der Wahn, der eigene Schmerz könne nur durch den Tod der Mörderin überwunden werden, verbunden mit der Gewissheit der moralischen Überlegenheit, steigert sich zur Raserei, zum Fanatismus. Jeder Einwand wird als Verrat und Feigheit zurückgewiesen. Und so tanzen die Elektras zum Schluss irrlichternd über die Bühne, berauscht von der herbeigesehnten Ermordung der Mutter und in der Gewissheit, dass der Tod der Verhassten ihr eigenes Leid beenden werde.
Mit viel Leidenschaft, der den sich steigernden Wahnsinn geradezu körperlich erfahrbar machte, verkörperten Larissa Dold, Marisa Kopp und Amelie Gaus die rachsüchtige Tochter der Klytämnestra, deren Schwanken zwischen Selbstgefälligkeit und Todesgewissheit von Hannah Remiger überzeugend dargestellt wurde. Emelie Kaiser gelang es eindrucksvoll, Elektras Gegenpart, ihre zögerliche, reifere Schwester Chrysothemis in all ihrer Zerrissenheit zu spielen und auch die Nebenrollen waren mit Trace Reuschel (Orest, der Wahnsinn), Sarah Tüselmann (Ägisth, Magd, Hofdame), Laetitia Quandt (die Weise) und Abir Wassouf (Bote, Magd, Hofdame) hervorragend besetzt. Sie alle bescherten dem Publikum einen eindrücklichen Theaterabend mit einem Stück, das verstörend aktuell ist.